IT-Recht aktuell

EuGH: Unliebsame Suchergebnisse müssen u.U. von Google gelöscht werden

EuGH: Löschungsanspruch gegen Google bei Namenssuche

Es gibt unliebsame Interneteinträge von Ihnen, wenn man Ihren Namen bei Suchmaschinen im Internet eingibt? Dann steht Ihnen nun unter Umständen ein Anspruch auf Entfernung gegen den Suchmaschinenbetreiber zu, denn der Europäische Gerichtshof hat am 13. Mai 2014 (Az. C 131/12) die Rechte von Betroffenen gestärkt und eine Verantwortlichkeit von Suchmaschinenbetreibern bejaht.

Sachverhalt:

Ein spanischer Staatsangehöriger hatte im Jahr 2010 Beschwerde bei der spanischen Datenschutzagentur (AEPD) gegen  eine in Katalonien weitverbreitete Tageszeitung sowie gegen Google Spain und Google Inc. erhoben. Anstoß war die Tatsache, dass bei der Namenssuche des Betroffenen über die Suchmaschine Google Search stets Links zu zwei Seiten der Tageszeitung aus Januar und März 1998 in der Ergebnisliste erschienen, in deren Rahmen der Name des Betroffenen in Verbindung mit einer Immobilienpfändung wegen Schulden bei der Sozialversicherung genannt wurde.

Der Betroffene beantragte daher die Tageszeitung anzuweisen, die betroffenen Seiten zu ändern oder zu löschen. Zudem beantragte er, Google Spain und Google Inc. anzuweisen, die ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu löschen oder zu verbergen, da die Pfändung seit Jahren erledigt sei und keinerlei Erwähnung mehr verdiene.

Die AEPD wies die Beschwerde im Hinblick auf die Tageszeitung mit der Begründung zurück, der Herausgeber habe die Information rechtmäßig veröffentlicht. Soweit jedoch Google betroffen war, gab die AEPD der Beschwerde statt und forderte Google Spain und Google Inc. auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die betreffenden Daten aus ihrem Index zu entfernen und Zugang zu diesen Daten in Zukunft zu verhindern. Google Spain und Google Inc. klagten gegen diese Enscheidung der AEPD vor einem spanischen Gericht. Dieses Gericht legte dem EuGH schließlich einige Fragen zur einschlägigen Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG) vor.

 

Um welche Fragen handelte es sich:

Das spanische Gericht begehrte insoweit unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

a) Fällt die Tätigkeit einer Suchmaschine, die von Dritten ins Internet gestellte und dort veröffentlichte Inhalte zu finden, automatisch zu indexieren, vorübergehend zu speichern und einem Internetnutzer in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung zu stellen unter den Begriff „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne von Art. 2 Buchst. B der Richtlinie 95/46?

b) Ist ein Suchmaschinenbetreiber in dem vorgenannten Fall der „für die Verarbeitung Verantwortliche“?

c) Kann die spanische Datenschutzbehörde Google Search unmittelbar anweisen, von Dritten veröffentliche Inhalte aus ihren Indexen zu entfernen, ohne sich zuvor oder gleichzeitig an den Inhaber der Website, die diese Information enthält, wenden zu müssen?

d) Sind das Recht auf Löschung und Sperrung personenbezogener Daten so auszulegen, dass sich Betroffene an die Suchmaschinenbetreiber wenden dürfen um die Indexierung zu verhindern, selbst wenn es sich um Daten handelt, die rechtmäßig veröffentlicht wurden.

 

Entscheidung des EuGH:

Der EuGH hat festgestellt, dass die Tätigkeit eines Suchmaschinenbetreibers eine „Erhebung und Verarbeitung von Daten“ im Sinne der Richtlinie 95/46 darstellt. Dies gilt insoweit auch für Informationen, die in identischer Form bereits in den Medien veröffentlicht wurden.

Da der Suchmaschinenbetreiber über Zweck und Mittel einer solchen Verarbeitung entscheidet, handelt es sich bei dem Suchmaschinenbetreiber folglich auch um den „für die Verarbeitung Verantwortlichen“ im Sinne der Richtlinie.

Bei Google Spain handelt es sich zudem um einen Tochtergesellschaft der Google Inc. in Spanien und somit um eine Niederlassung im Sinne der Richtlinie. Insoweit wird die Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeit der Niederlassung ausgeführt, wenn die Niederlassung die Aufgabe hat, in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Förderung des Verkaufs der Werbefläche sorgt.

Der EuGH kommt im Hinblick auf den Umfang der Verantwortlichkeit schließlich zu dem Ergebnis, dass der Suchmaschinenbetreiber unter bestimmten Umständen verpflichtet ist, die Daten der betroffenen Person zu löschen. Ob tatsächlich ein Anspruch auf Löschung besteht, hängt letztendlich vom Einzelfall ab. Es hat hier eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Betroffenen und der Allgemeinheit statt zu finden.

Grundsätzlich hat der Suchmaschinenbetreiber dafür Sorge zu tragen, dass die personenbezogenen Daten

  • nach Treu und Glauben verarbeitet werden
  • auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden
  • für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben werden
  • nicht in einer mit dieser Zweckbestimmung nicht zu vereinbarenden Weise weiter  verarbeitet werden
  • den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben und /oder weiterverarbeitet werden
  • für den Zweck erheblich sind und nicht darüber hinausgehen
  • sachlich richtig, und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind
  • nicht länger als für die Realisierung des Zwecks aufbewahrt werden

Zulässig ist die Verarbeitung personenbezogener Daten, wenn sie zur Verwirklichung des berechtigten Interesses des Dritten oder Suchmaschinenbetreibers wahrgenommen wird, es sei denn das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, insbesondere der Schutz der Privatsphäre überwiegen.

Die Verpflichtung zur Löschung kann insoweit auch bestehe, wenn die Veröffentlichung einst rechtmäßig erfolgt ist, die Rechte des Betroffenen jedoch (beispielsweise wegen verstrichener Zeit, wegen des Zwecks, etc.) überwiegen.

Der EuGH hat ferner klargestellt, dass betroffene Personen sich unmittelbar an den Suchmaschinenbetreiber wenden können, um Löschung zu verlangen. Dieser hat auf Antrag des Betroffenen anschließend eine Prüfung und Abwägung der Interessen vorzunehmen. Gibt der Suchmaschinenbetreiber dem Antrag nicht statt, kann sich die betroffene Person an die Kontrollstelle (Datenschutzbehörde) oder das zuständige Gericht wenden.

FAZIT:

Der EuGH stärkt die Rechte von Betroffenen. Niemand muss folglich dulden, dass längst überholte, negative, unrichtige oder anderweitig geschützte Daten im Internet über Suchmaschinen auffindbar bleiben.

Quelle: curia.europa.eu; Pressemitteilung EuGH Nr. 70/14 v. 13.05.2014

 

 

 

 

 

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